ParagraphFür die Erlangung von Befähigungsausweisen zur Führung von Segel- oder Motorjachten auf See gelten seit 25.06.2015 folgende Rechtsnormen:

Seeschifffahrtsgesetz (SeeSchFG)

SeeSchifffahrtverordnung (SeeSchFVO)

Jachtführung-Prüfungsordnung (JachtPrO)

 

Gesetzliche Anforderungen

Demnach gelten folgende gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Befähigungsausweises:

Voraussetzungen

Die Angaben in der Tabelle gelten für Segeljachten. Die vollständige Darstellung findest Du in den veröffentlichten Rechtsnormen, oder im folgenden Text.

Allgemeine Anforderungen

Bewerberinnen um ein Internationales Zertifikat für die Führung von Jachten müssen zum Zeitpunkt der Ablegung der Prüfung

  1. das 18. Lebensjahr, für ein Internationales Zertifikat für den FB1 das 16. Lebensjahr, vollendet haben; Bewerberinnen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters.
  2. geistig und körperlich zur Führung einer Jacht geeignet sein; nachzuweisen durch ein ärztliches Zeugnis mit Nachweis des Farbunterscheidungsvermögens.
  3. die erforderlichen nautischen und technischen Kenntnisse (seemännische Praxis) und Seefahrterfahrung zur Führung einer Jacht nachgewiesen haben.

Seemännische Erfahrung

Die seemännische Praxis und die Seefahrterfahrung sind unter Berücksichtigung des Fahrtbereichs, der Art (Motor- oder Segeljacht) und Größe der Jacht und deren Bedienung und Führung bei Tag und bei Nacht mittels Logbuchs, vom Schiffsführer unterfertigter auszugsweiser Abschrift des Logbuchs oder sonstiger logbuchähnlicher Aufzeichnungen, getrennt nach Art der Jacht (Segel- oder Motorjacht), nachzuweisen.

Die seemännische Erfahrung ist

  • mit dem Antrag zur praktischen Prüfung (FB2, FB4), oder
  • mit dem Antrag zur Ausstellung des BFA (FB3 Erweiterung)

nachzuweisen.

Segeljachten

Fahrtbereich 1
  1. 50 sm
  2. 1 Nachtfahrt mit einer Nachtansteuerung
Fahrtbereich 2
  1. 500 sm und 18 Bordtage, ODER
    300 sm und 12 Bordtage für Inhaber eines BFA Motor FB2/3/4
  2. 3 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung
Fahrtbereich 3
  1. 1500 sm und 48 Bordtage, davon min. 500 sm als Schiffsführer
  2. 5 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung,
  3. 1 Fahrt mit einer Dauer von mindestens 50 Stunden ohne Unterbrechung; innerhalb dieses Zeitraums müssen insgesamt mindestens 10 Stunden außerhalb des Fahrtbereichs 2 zurückgelegt werden
Fahrtbereich 4
  1. 5000 sm und 70 Bordtage, davon min. 2000 sm als Schiffsführer
  2. 15 Nachtfahrten, davon min. 3 mit einer Nachtansteuerung,
  3. Ansteuerung von min. 4 unterschiedlichen Häfen in Gezeitenrevieren,
  4. eine durchgehende Fahrt über eine Strecke von mindestens 500 Seemeilen, davon mindestens 100 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 3; Ausgangs- und Zielort dieser Fahrt müssen mindestens 300 Seemeilen voneinander entfernt sein.

Motorjachten

Fahrtbereich 1
  1. 50 sm,
  2. 1 Nachtfahrt mit einer Nachtansteuerung
Fahrtbereich 2
  1. 300 sm und 12 Bordtage ODER
    100 sm und 5 Bordtage für Inhaber eines BFA Segel FB2/3/4
  2. 3 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung
Fahrtbereich 3
  1. 1000 sm und 36 Bordtage, davon min. 250 sm als Schiffsführer
  2. 5 Nachtfahrten mit je einer Nachtansteuerung,
  3. 3 Überfahrten zwischen Häfen, die in gerader Linie mindestens 100 sm voneinander entfernt liegen
Fahrtbereich 4
  1. 3500 sm und 70 Bordtage, davon min. 1400 sm als Schiffsführer,
  2. 15 Nachtfahrten, davon min. 3 mit einer Nachtansteuerung,
  3. Ansteuerung von min. 4 unterschiedlichen Häfen in Gezeitenrevieren,
  4. eine durchgehende Fahrt über eine Strecke von mindestens 500 Seemeilen, davon mindestens 100 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 3; Ausgangs- und Zielort dieser Fahrt müssen mindestens 300 Seemeilen voneinander entfernt sein.

Begriffsbestimmungen

Überfahrt: eine Fahrt in annähernd gerader Linie zwischen zwei Häfen, bei denen die gerade Verbindung eine Strecke von mindestens 20 Seemeilen außerhalb des Fahrtbereichs 2 beinhaltet;

Nachtansteuerung: eine Fahrt oder ein Teil einer Fahrt, bei der ein Liegeplatz mehr als zwei Stunden nach Sonnenuntergang, jedoch nicht später als zwei Stunden vor Sonnenaufgang erreicht wird;

Nachtfahrt: Fahrt zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang mit einer Dauer von mindestens drei Stunden;

Gezeitenrevier: ein Küstengebiet, in dem der Tidenhub bei Nippzeit mindestens zwei Meter beträgt.

Logbuch: Als logbuchähnliche Aufzeichnungen gelten Aufzeichnungen mit folgenden Mindestinhalten:

  • die für die Fahrt maßgeblichen meteorologischen und navigatorischen Angaben (z. B. Kurse, Positionen, zurückgelegte Strecken, Wetterbeobachtungen einschließlich Windrichtung und -stärke, Gezeiten);
  • zusammenfassende Angaben über die Fahrt, insbesondere den Zeitpunkt der Abfahrt und der Ankunft sowie Fahrtunterbrechungen und umfangreichere Manöver (Wechsel der Antriebsart, Segelwechsel);
  • Angaben über die Crew und deren Aufgaben;
  • gegebenenfalls Angaben über Unfälle bzw. Havarien unter genauer Beschreibung des Hergangs und aller Einzelheiten;
  • Angaben über sonstige wichtige Ereignisse und Maßnahmen.

Jacht: ein Fahrzeug, das für Sport- oder Vergnügungszwecke bestimmt ist.

Motorjacht: ein Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch einen Motor erhält, unabhängig davon, ob auch eine Stützbesegelung vorhanden ist.

Segeljacht: ein Fahrzeug, das seinen Antrieb vornehmlich durch Wind erhält, auch wenn ein Motor eingebaut oder angehängt ist. Darunter fallen auch die sogenannten Motorsegler.

Ablauf der Prüfungen

Theoretische Prüfung

Die Anforderungen an die theoretische Prüfung sind im Einzelnen in der Beilage 3a zur JachtPrO geregelt. Die “Highlights” auszugsweise:

  1. Die Prüfung muss jedenfalls aus einer Kartenarbeit, für FB 2 bis FB 4 einschließlich Stromeinfluß, und einem Fragenkatalog bestehen.
  2. Die Kartenarbeit muss die im Lernzielkatalog Theorie Kartenarbeit unter dem jeweiligen Fahrtbereich genannten Aufgaben umfassen.
  3. Die Kartenarbeit ist bestanden, wenn mindestens 80 % der Aufgaben richtig gelöst sind.
  4. Der Fragenkatalog muss die im Lernzielkatalog Theorie Allgemein unter dem jeweiligen Fahrtbereich genannten Aufgaben umfassen, und zwar
    für den FB1 40 Fragen
    für den FB2 60 Fragen
    für den FB3 90 Fragen
    für den FB4 120 Fragen
  5. Der Fragenkatalog ist bestanden, wenn aus jedem Sachgebiet min. 50 %, und insgesamt min. 75 % der Fragen richtig gelöst sind.
  6. Für den FB4 ist zusätzlich eine Törnplanung für eine Langfahrt über min. 500 sm auszuarbeiten. Die Aufgabenstellung wird dem Kandidaten spätestens eine Woche vor der Prüfung übermittelt. Die Ausarbeitung ist bei Prüfungsbeginn vorzulegen und einem Prüfer mündlich zu erläutern.
  7. Die Prüfung ist bestanden, wenn alle Prüfungsteile bestanden sind.
  8. Die Verwendung von programmierbaren Rechnern, Smartphones, Laptops oder ähnlichen Hilfsmitteln ist unzulässig.
  9. Die Wiederholung eines nicht bestandenen Prüfungsteils ist zulässig.
  10. Die theoretische Prüfung muss innerhalb von sechs Monaten zur Gänze als bestanden beurteilt sein.
  11. Bis 10 Bewerberinnen sind von min. 2 Prüferinnen zu beaufsichtigen, je weitere 10 Bewerberinnen ist 1 weiterer Prüferin zu stellen.
  12. Auf Antrag kann die Prüfung um das Sachgebiet “Fachkenntnisse im Umgang mit pyrotechnischen Seenot-Signalmitteln” (Pyrotechnik) erweitert werden.

Praktische Prüfung

Innerhalb von 2 Jahren ab erfolgreich absolvierter Theorieprüfung muss die praktische Prüfung abgelegt werden.

Die Anforderungen an die praktische Prüfung sind im Einzelnen in der Beilage 3b zur JachtPrO geregelt. Die “Highlights” auszugsweise:

  1. Die praktische Prüfung ist auf einer Jacht abzuhalten, die nach Art, Größe und Ausrüstung für den entsprechenden Fahrtbereich geeignet ist. Die Eignung ist ggf. dem Seebrief oder dem entsprechenden Zulassungsdokument zu entnehmen. Zusammengefasst: Die praktische Prüfung für den FB2 darf nur auf einer für den FB2 zugelassenen Segel- oder Motor-Jacht erfolgen.
  2. Bei der praktischen Prüfung sind die Umsetzung der theoretischen Kenntnisse in die Praxis sowie die Fähigkeiten der Bewerberinnen hinsichtlich Schiffsführung (insbesondere Creweinteilung und -anleitung, Kommunikation, Übersicht, Vermeidung von Gefahren, Logbuchführung), allgemeiner Seemannschaft (insbesondere Bedienung von Ruder und Motor, Umsetzung der Ausweich- und Fahrregeln), Navigation (insbesondere Verwendung von Navigationsunterlagen wie Seekarte und Handbücher), Hafenmanöver und Verhalten in Notfällen (insbesondere Person-über-Bord-Manöver) bei Tag und bei Nacht zu beurteilen. Die gesamte Prüfungsfahrt ist von den Bewerberinnen abwechselnd mittels Logbuchs oder logbuchähnlicher Aufzeichnungen zu dokumentieren. Prüferinnen haben das entsprechende Prüfungsprotokoll gemäß dieser Anlage zu führen.
  3. Die Bewerberinnen müssen die Lernziele des Prüfungsprotokolls für den entsprechenden FB beherrschen. Darüber hinaus muss die Prüfungsfahrt je BewerberIn folgenden Kriterien entsprechen:
    1. FB2 und 3:
      * Dauer mindestens 3 Stunden/Kandidat
      * mindestens eine Nachtansteuerung
    2. FB4:
      * mindestens 250 sm, davon min. 50 sm außerhalb FB2
      * Fahrtstrecke min. zu 25 % außerhalb FB1
      * Fahrtstrecke min. zu 10 % außerhalb Landsicht
      * mindestens eine Nachtfahrt mit einer Nachtansteuerung
      * Dauer min. 3 Tage
      * Ansteuerung von min. 2 min. 50 sm voneinander entfernten Häfen
      * eine ununterbrochene Fahrt von min. 30 Stunden
  4. Die Lernziele sind im Prüfungsprotokoll mit “in Ordnung”, “leichter Fehler (L, 1 Punkt)” oder “schwerer Fehler (S, 3 Punkte)” zu bewerten. Die Prüfung ist bestanden, wenn die Gesamtpunktezahl
    1. für den FB1 nicht mehr als 5 Punkte;
    2. für den FB2 und FB3 nicht mehr als 8 Punkte, und
    3. für den FB4 nicht mehr als 6 Punkte beträgt.
  5. Bei Erweiterung des Berechtigungsumfanges von FB2 auf FB3 entfällt die praktische Prüfung.
  6. Die praktische Prüfung für den FB1 kann auf einem Binnengewässer durchgeführt werden.

Besondere Anforderung

Jede akkreditierte Prüfungsorganisation ist berechtigt, über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus spezifische Anforderungen zu definieren. Diese sind in der jeweiligen Prüfungsordnung gesondert auszuweisen.